Das Leihgeräteprogramm für Lehrkräfte

Lehrkräfte werden zur Zeit mit Leihgeräten des Schulträgers ausgestattet. Da gibt es viel Verwunderung: Einige Schulträger konfigurieren die Geräte bis zur „Unbrauchbarkeit“, einige überreichen einen Karton und wünschen viel Freude mit dem Gerät. Warum ist das so unterschiedlich?

Die Geschichte des Programmes

Der Bund unterstützt durch ein Förderprogramm die Kommunen bei der Ausstattung mit Endgeräten. Er bedient sich dabei der Bund-Länder-Vereinbarung des Digitalpaktes, da es ansonsten kaum Möglichkeiten gibt, Gelder zweckgebunden vom Bund zu den Ländern zu verschieben. Lehrkräfte sind beim jeweiligen Bundesland beschäftigt. Für die Ausstattung der Beschäftigten ist in Deutschland normalerweise immer der Arbeitgeber verantwortlich.

Die Kommunen springen hier ein, ohne dass es ihre Aufgabe wäre. Daher haben sie ein Interesse daran, die Geräte möglichst unaufwändig verwalten zu können. Immerhin sind es Geräte im Eigentum der jeweiligen Kommune. Den Ländern verschafft diese Lösung Zeit, eigene Beschaffungen für die Zukunft vorzubereiten. Entsprechend stark dürfte die Position der kommunalen Spitzenverbände in den jeweiligen Bundesländern gewesen sein.

Was man tun muss, damit auf den Endgeräten möglichst viel möglich wird

Wie Sie sich sicher denken können, geht es hierbei vor allem um das Thema Datenschutz. Datenschutz kann laut DS-GVO durch drei Strategien gewährleistet werden.

1. Technische Maßnahmen

Unter diesen Maßnahmen leidet die gesamte „Lehrkräfteschaft“. Es kann z.B. die Verwendung einer eigenen Apple-ID auf iPads eingeschränkt sein oder die Verwendung der iCloud. Auf Windowsgeräten hat man vielleicht keine Administrator:innenrechte und kann so keine eigenen Programme installieren. Vielleicht ist sogar der Zugriff auf bestimmte WLAN-Netze oder externe Speichermedien unterbunden. Wir zeigen hier z.B. eine Strategie, von der wir vermuten, dass iPads selbst in Niedersachsen dienstlich verwendet werden könnten.

2. Organisatorische Maßnahmen

Je kompetenter Nutzer:innen sind, desto mehr Verantwortung und damit auch Freiheiten können sie bekommen. Das kann so weit gehen, dass bestimmte technische Maßnahmen gar nicht mehr erforderlich sind. Zu den organisatorischen Maßnahmen zählen Aufklärung (durch z.B. eine Dienstvereinbarung) und Schulungen, durch die Lehrkräfte in die Lage versetzt werden, Dienstvereinbarung auch umzusetzen.

3. Rechtliche Voraussetzungen

Unter Beachtung bestimmter Voraussetzungen, kann ein Bundesland den Einsatz von digitalen Geräten und Werkzeugen durch Gesetze oder juristische Normen regeln. In Niedersachsen ist das z.B. in Bezug auf iPads in Form eines Erlasses geschehen, der die lokale Speicherung und Verarbeitung dienstlicher Daten auf einem iPad (oder Android bzw. Chrome-OS-Gerät) untersagt. Denkbar sind aber natürlich auch Regelungen, die Bedingungen dafür setzen, wann etwas erlaubt ist.

Das Problem

Die gesetzlichen Regelungen sind größtenteils noch nicht an eine veränderte digitale Schulwelt angepasst. Damit fehlt v.a. Schulbehörden m.E. eine verlässliche Grundlage, um konkrete Anfragen zu beantworten. Es liegt in der Natur des Rechts, dass man sich dann möglichst stark absichert. Dafür gibt es verschiedene Strategien:

  1. Die wenigen vorhandenen rechtlichen Regelungen werden maximal eng interpretiert.
  2. Auskünfte werden nicht in Schriftform gegeben.
  3. Im gar so seltenen systemisch bedingten Zweifel rät man von einem Vorhaben ab.

Daher bleibt den Schulen und Schulträgern i.d.R. nur, sich auf technische und organisatorische Maßnahmen zu beschränken, weil es an konkreten rechtlichen Vorgaben fehlt. Ministerien und Schulbehörden verweisen oft darauf, dass ein solches Vorhaben durch die schnelle technische Entwicklung unmöglich ist. Das bedeutet jedoch, dass die Verantwortung dafür letztlich auf Schulebene verlagert wird.

Ein Schulträger hat z.B. ein Interesse daran, für Datenschutzverstöße an Schulen nicht juristisch zu haftbar zu sein. Das lässt sich durch maximale Restriktionen vermeintlich am leichtesten umsetzen. Schulen und Lehrkräfte möchten das Gleiche erreichen und möglichst viel Verantwortung an den Schulträger abgeben.

Der sichere und einfache Weg

Die Richtlinie sieht „in ihrem Geiste“ keinerlei private Nutzung der Geräte vor. Die Einrichtung einer privaten Apple-ID stellt im Wesentlichen eine solche private Nutzung dar. Lehrkräfte können damit privat beschaffte Apps verwenden - auch solche ohne schulischen Bezug. Mit der Untersagung der privaten Apple-ID vermeidet man aufwändige Konflikte und Aushandlungsprozesse im Rahmen von organisatorischen Maßnahmen. Andererseits kann eine zu restriktive Handhabung auch dafür sorgen, dass diese Geräte bei Kolleg:innen nur schwer Akzeptanz finden.

Die Verwendung von managed Apple-IDs ist nicht möglich, da diese keinerlei App-Einkäufe im App-Store zulassen. Die Anlage von schulischen „vollwertigen“ Apple-IDs stellt eine Schule bei der Angabe von Zahlungsmethoden und einer ggf. unabgesprochenen Nutzung durch das Personal vor weitere Probleme.

Eine Lösung

Als Lösung kommt unseres Erachtens nur in Frage, sich die Verantwortung zu teilen. Das was ein Träger nicht an Restriktionen technisch umsetzen kann, muss auf Schulseite durch entsprechende organisatorische Maßnahmen (Dienstvereinbarung und Schulungen) ergänzt werden.

Achtung!

Die „Verhandlungsergebnisse“ werden nie den Status rechtssicher erhalten (können). Rechtsberatung dürfen in Deutschland nur Fachjuristen vornehmen, die z.B. in Schulbehörden sitzen und deren „Bewertungsgrundlage“ oft ausgesprochen dünn ist (s.o.).

Letztendlich bedarf es einer personellen und fachlichen Stärkung der zuständigen Ministerien, damit diese in der gebotenen Zeit die notwendigen Erneuerungen der Vorgaben auf den Weg bringen können. Zusätzlich ist es die Aufgabe Politik, die den Rahmen für die Arbeit der Ministerien letztlich setzt, die entsprechenden Aufträge zu formulieren und den dazu notwendigen Stellenplan finanziell abzusegnen.

Ironischerweise hat sich historisch Rechtssprechung auch immer auf Basis des gelebten Rechts gebildet. Bei der z.B. Einführung des elektrischen Stroms in Deutschland war nicht jedes zukünftige Risiko vorauszusehen. Erst durch Unfälle und Missgeschicke hat sich letztlich in Form der VDE eine „quasirechtliche“ Grundlage gebildet, wie man mit Elektrizität in der Praxis umgehen muss. Ohne einen gewissen Mut und damit auch ein gewisses Risiko ist es m.E. sehr schwierig, zu geeigneten rechtlichen Vorgaben zu kommen.

Die Forderung, mit Digitalisierungsmaßnahmen an Schulen erst nach Schaffung einer rechtlichen Grundlage dafür zu beginnen, erscheint vor diesem Hintergrund nicht realitätsnah bzw. kann nicht den pädagogischen Spielraum eröffnen, der z.B. letztlich zu einer „digitalen Mündigkeit“ führt.