Kann ich als staatliche Schule Eltern dazu verpflichten, ein Gerät für ihre Kinder zu beschaffen (z.B. wie beim Taschenrechner)?

Belegbar gab es in der Region Braunschweig Einzelerlasse, die einen rechtlichen Rahmen für ein solches Vorgehen geschaffen haben. Es besteht die Möglichkeit, dass weitere Schulen in anderen Regionen ebenfalls von so einem Einzelerlass profitiert haben. Diese vorläufige Rechtspraxis wird unseres Wissens zurzeit nicht mehr fortgeführt.

Sicher sagen lässt sich, dass ein solches Vorhaben rechtlich ungeklärt ist. Es gibt sowohl Indizien, die vermuten lassen, dass sich ein solches Vorhaben juristisch durchsetzen ließe, als auch solche, die das Gegenteil erwarten lassen.

Dafür spricht, dass digitale Endgeräte mittlerweile in Prüfungssituationen einsetzbar sind. Daraus wäre ggf. der implizite Wille des Dienstherrn ableitbar.

Dagegen spricht, dass digitale Endgeräte nicht zu den zugelassenen Lehrmitteln in Niedersachsen gehören. Gerichte orientieren sich durchaus an den entsprechenden Regelungen, jedoch ist die momentan praktizierte Rechtssprechung hier durchaus widersprüchlich.

In einem in Erprobung befindlichen Onlinekurs des NLQ findet sich folgende Passage:

„Tablets sind in Niedersachsen kein zugelassenes Lehr- und Lernmittel und können somit auch nicht mit Bildungs- und Teilhabe-Mitteln (BuT) finanziert werden. Familien können also nicht verpflichtet werden, auch nicht durch Beschlüsse der Gesamtkonferenz oder des Schulvorstands, elternfinanzierte Geräte anzuschaffen. Falls Erziehungsberechtigte dies nicht möchten, müssen ihre Kinder gleichwertig analog beschult werden. Es können also nur dann elternfinanzierte Geräte eingeführt werden, wenn alle Familien der Klasse oder des Jahrgangs damit einverstanden sind und freiwillig mitmachen möchten. Dieses Einverständnis können sie zudem jederzeit ohne Angabe von Gründen zurücknehmen. Eine Einbindung der Elternschaft sollte also von Projektbeginn an höchste Priorität haben. Wenn sich Familien kein Tablet leisten können, könnte die Schule kostenfreie Leihgeräte zur Verfügung stellen. Z.B. könnte für diesen Zweck ein Kontingent an Geräten über den Förderverein angeschafft werden. Wenn Erziehungsberechtige sich zwar die Finanzierung eines Tablets leisten könnten, jedoch aus anderen Gründen nicht möchten, dass ihr Kind mit einem Tablet arbeitet, können Sie durch das Aushändigen eines kostenfreien Leihgerätes zur Arbeit mit dem Tablet verpflichtet werden. Alle diese Hinweise beziehen sich auf Regelschulen. Bei Wahlschulen verhält es sich etwas einfacher: Diese können direkt bei der Einschulung über den Schulvortrag verpflichtende elternfinanzierte Tablets einfordern.“

Weitere offizielle Informationen finden sich hier. Im Kommentar unten findet sich folgende Passage:

Beim Einsatz von Tablets im Unterricht ist folgendes wichtig:
  • Unter die Begrifflichkeit „digitale Lehr- und Lernmittel“ sind auch Tablets zu fassen. Für die mit der Tabletbeschulung verbundene Datenverarbeitung ist somit keine Einwilligung mehr erforderlich.
  • Dies gilt jedoch nicht für den Einsatz eines Mobile Device Managements (MDM), wenn die Beschulung mit elternfinanzierten Geräten erfolgt. Durch das MDM verhindert die Schule, dass sie auf den privaten Teil des Tablets zugreifen kann. Dieser Eingriff durch das MDM muss jedoch nach wie vor von der Einwilligung der Schülerinnen und Schüler bzw. der Erziehungsberechtigten gedeckt sein.
  • Auch ergibt sich aus § 31 Abs. 5 NSchG nicht, dass Erziehungsberechtigte verpflichtet sind, ihr Kind mit einem Tablet auszustatten. Ist ein Elternteil nicht damit einverstanden, dass das Kind mit einem Tablet beschult wird, muss die Schule dieses Kind daher in gleich geeigneter Weise analog beschulen.

Der Dienstherr könnte meiner Meinung nach durch einen entsprechenden Erlass bzw. die Änderung des Lehrmittelerlasses eine formale Grundlage schaffen, die eine einheitliche Rechtspraxis ermöglicht.

Solange das nicht der Fall ist, raten wir dazu, als Schule das Problem durch Vereinbarungen mit allen Beteiligten zu lösen. Dieses Vorgehen ist inhaltlich z.B. durch den Orientierungsrahmen Schulqualität und den Erlass zur Demokratiebildung gedeckt.

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